Plötzlich diese Übersicht

Dies ist also mein Yogalehrer, Dr. Kausthub Desikachar. Falls es jemanden interessiert, im Mai kommt er in die Schweiz (www. yoganetwork.ch). Dies nur nebenbei.

Magdalena:

4.3. 2,200 words and a two-hour walk on Seacliff Beach. 5.3. 1890 words, about 1,000 deletes, which should add up to about 3,000 words!? 6.3. 2200 words. sex and Pneumonia. 7.3. 2,200 words. took all day. What an engrossing project…

Milena: 5.3. 6919 Z, 6.3. 7477 Z., 7.3. 4210 Z. und eine Schachtel Panadol C.

Wörter sind mehr als Zeichen. Klar. Aber englische Wörter sind kürzer als deutsche – ich bin wohl eine ziemlich schlechte Verliererin!

Eine „all consuming madness“ nennt Magdalena das, was wir hier machen, diesen Monat, einen alles verzehrenden Wahn. Stimmt schon. Gerade das macht mich eben süchtig. Je schneller ich schreibe, desto mehr wird mir klar. Zum Beispiel meine ich jetzt plötzlich zu wissen, wie sich die Geschichte zusammensetzt. Wie ich sie erzählen will: Von hinten nach vorn nämlich. Ich gehe von einer Mutter zur nächsten zurück in die Geschichte, immer tiefer, bis… Ich habe die Schallmauer durchbrochen, Erikas Schlüsselszene schludrig zusammengeschlurpft. Beim Schreiben kommt immer mehr dazu. Je mehr ich schreibe, desto mehr schreibe ich. Plötzlich wird mir klar, dass ich mich im Jahrzehnt geirrt habe, dass Erika Ende der neunziger Jahre keine Schulterpolster tragen wird. Macht nichts. so eine Jacke ist schnell gewechselt. Später, später.

Vieles von dem, was ich jetzt schreibe, passt nicht mehr zu dem schon Geschriebenen. Erikas Mutter Marylou hat drei Wandlungen durchgemacht, bevor ich wusste, wer sie ist. Und auch, dass dieses Verhalten zu ihr passt (du meinst, du kennst mich? Ja, dann warte mal!) Und die Ordnung – jetzt, wo ich sie so schön vor mir sehe, müsste ich nicht versuchen, sie herzustellen?

Später, später.  Ich schwimme nicht gegen den Strom, ich schwimme rückwärts, ich lasse mich treiben. Wie weit, ich weiss es nicht. Plötzlich bleibe ich irgendwo hängen und bin wieder hier. Und jetzt. Mit Nevada und ihrem jungen Mann, der Dante heisst. Sie gehen zusammen über ein holpriges Kopfsteinpflaster, ihr Fuss knickt ein, seine Schulter zuckt. Was für ein Paar.

Ich komme nachts um eins von einer Lesung zurück, stehe um sechs Uhr wieder auf. Da sind ja auch noch die Kolumnen, die Zwischentexte und Aufträge, die Morgengeschichten, die Wäsche…. Da fällt mir eine Diskussion aus der Schreibgruppe ein:  Dass man die Schreibzeit auch nicht unterbrechen dürfe, um die Wäsche aus der Maschine zu nehmen, bestimmten wir damals. Selbst wenn sie dann verchrugele. Der Text geht vor. Immer. Das fällt mir jetzt ein, meine Wäsche liegt seit Montag in der Maschine. Ich lasse sie sicherheitshalber noch einmal laufen.

You’re pushing yourself too hard, sagt Magdalena. Und dann werde ich wieder krank. Fieber, Husten, Halsweh, Lesungen. „Jetzt sehen Sie wirklich nicht mehr gut aus“, sagt die Bibliothekarin und bringt mich zum Bahnhof. Auf dem Heimweg schreibe ich dann nichts mehr.

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6 Kommentare

Kommentare

  1. Isabel meint

    Aufspringen
    Wie gesagt, bin ich vom Wagen gefallen. Habe Reiss aus genommen, nachdem Merit ihren Tod gefunden hat, den sie an und für sich nicht als so schlimm empfunden hat. Nicht ganz klar war, wie sich das Ganze abspielte, weswegen sich die Szene immer wiederholte und mich genervt vertrieben hat. Seither habe ich sie nicht mehr zu Wort kommen lassen, oder vielmehr, ich habe sie in dem ganzen Getriebe um mich herum nicht mehr wahr genommen. Mit dem Schreiben ist es bei mir, wie mit der Musik: ich muss die Spur wechseln, von dem,. was mich von aussen fest hält und beschäftigt, hin zu einem eigenen Rhytmus. Dort muss ich mich hinein schwingen. Alles fahren lassen, was bei der äusseren Betriebsamkeit so wichtig ist: gleichbleibende Strukturen, Leistung, Ergebnisse. Und auch das, was mich nervt und aufgrund dessen einen Teil der Zeit beansprucht. Muss mich als Lauscherin bereit halten und anfangen, zu spielen. zu spielen mit dem, was mich umgibt.

    Donnerstag nachmittag, vor weniger Zeit: Ich steige ein in den Zug, den Kopf noch voller Gesprächsfetzen über das neuste Projekt, ebenso Ideen und Sachen, die ich nicht vergessen sollte. Ich plane, alles aufzuschreiben, wenn ich erst einen Sitzplatz gefunden habe. Es bleibt nur ein Abteil: Eine Mutter. Drei Söhne, im Alter von fünf bis neun. Vier Geräte: drei I-Phones, ein I-Pad. 2 Geräuschkulissen, die eher an Krieg erinnern, als an Musik. Die dritte Geräuschkulisse höre ich nicht, denn die Mutter hört mit Ohrstöpseln. Ich stöhne, innerlich.Eine ganze halbe Stunde! Zusammen mit der Geräuschkulisse in meinem Kopf gibt das Ganze einen steinharten Klumpen, der kurz vor seiner schmerzhaften Explosion steht. Das Abteil öffnet sich. ein Mann tritt ein, setzt sich ein wenig schüchtern auf den einzig verbliebenen Platz. Traurige Augen. Oder bekifft? Vielleicht ein wenig depressiv? Dunkle, mittellange Haare. Armbänder, mehrere. Sind das Heiligenbildchen auf den Armbändern? Interessant. Er zeigt mir seine Fahrkarte. Ob der Platz richtig sei. Keine Ahnung. Ich habe eine zahlenvermeidungsstrategische Phobie. Oder so. Aber ich stehe bav auf und schaue, welche Plätze wir eingenommen haben. Die Kinder sitzen auf seinem reservierten Platz, aber egal. Wir kommen ins Gespräch. Der Krach ist immer noch da, aber er hat sich nch hinten verlagert, und mein williger Geist geht auf eine andere Lauschposition. Er muss seine Geschichte erzählen, sie bewegt ihn zu sehr. Normalerweise, so sagt er, fahre er nicht mit dem Zug. Jetzt komme er von Montreux. Was er dort gemacht habe? Er wäre im Konzertmanagement. Arrangieren von Hotels und allem, was ein Künstler benötigen würde, um sich bei seinem Aufenthalt wohl zu fühlen. Das richtige Essen, genügend Ruhe, angenehme Räume für die Vorbereitung. Aber eben. Aber eben? frage ich nach. Jetzt sei der Künstler gestorben. (seine Augen werden feucht). Wer? Frage ich. Lucio Dalla. Heute morgen. Dabei habe er ihn noch zum Frühstück gesehen! (Nebendran knallt und jault es wieder, die Mutter ermahnt ihre Kinder, die es nicht hören, weil sie von den Geräten eingesogen worden sind, und sie selbst registiriert es nicht, denn sie hat wieder ihre Knöpfe im Ohr). Der junge Mann blickt kurz herüber, schüttelt unmerklich mit dem Kopf; dann versinkt er wieder in seine Geschichte. Er sei so ein freundlicher Mensch gewesen, der Lucio. Hätte immer gegrüsst, immer. Sich nach seinem Wohlergehen erkundigt, ein paar Worte gewechselt. nicht nur mit ihm. Auch mit den anderen. Er habe schon viele Künstler begleitet, aber diesmal sei es etwas Besonderes gewesen. Intensiv. Irgendwie. er habe sich so wohl gefühlt, und jetzt das…drei Tage habe er ihn erst gekannt, aber irgendwie habe er ihm etwas Besonderes gegeben. Das müsse man bewahren, das Besondere, flechte ich ein. Ja, er wüsste, sagt er. Aber das Merkwürdige sei: Das sei ihm schon mehrmals begegnet, dass die Leute, die er getroffen hätte, nach drei Tagen gestorben seien. Sein Grossvater zum Beispiel. den habe er Jahre lang nicht gesehen. Und gerade, als er wieder zu ihm gefunden habe, drei Tage nach ihrer Begegnung, sei er gestrorben. Es dauert so lange, die Fahrt mit dem Zug, sagt er, nachdem er wieder einen Blick zu der verstöpselten Familienidylle hinüber geworfen hat. Er müsste bis Ulm. das heisse: Umsteigen in Karlsruhe. Zu seiner Mutter. Jetzt müsse er einfach erst einmal zu seiner Mutter. Wohnen würde er in Darmstadt. Und eigentlich wäre er ja für drei Monate mit Lucio unterwegs gewesen…er wüsste eigentlich gar nicht, wie es jetzt für ihn weiter ginge. Aber jetzt ginge er erst einmal heim. Olten, sage ich. Hier muss ich aussteigen..Wir verabschieden uns, mit Handschlag, und wünschen uns alles Gute. Ich bedaure das Aussteigen, wirklich. Kein Lärm in meinem Kopf. Einfach die Spur gewechselt.
    Fliegen, Bruno? Ist einfach. Lies Patanjali. und achte nicht auf die äusseren Zeichen.

  2. Regula Haus-Horlacher meint

    @Milena: Ich kann gar nicht gut englisch, aber gibt es nicht auch im Englisch lange Wörter? Zum Beispiel supercalifragilisticexpialidocious?

    … ajajaj …

    :-)

  3. Bruno meint

    Abgehoben. Sollte nicht Photoshop oder Indesign nachgeholfen haben, beweist Dr.Kausthub Desichar, was Maharishi Mahesh Yogi zu beweisen auf dem Seelisberg verwehrt blieb: Yogis heben ab. Das verschafft Uebersicht. Während mir die Yogamatte in der Ecke provozierend zusieht, unterdrücke ich ganz schnell die Anwandlung es in einer kurzen Meditation zwischen zwei Zigaretten auch zu versuchen. Wer die Uebersicht hat neigt zu übersehen ist meine Ausrede und heute treffe ich eh noch einem Fotografen, der Yoga praktiziert und somit bestimmt alle Voraussetzungen erfüllt mir auch so ein Bild zu knallen. Welch sarkastisches Getippsel, bin ich doch selbst seit Jahren mit einer Yogini glücklich liiert, die selbst Yogalehrerinnen ausbildet und in der Funktion durch ganz Europa tingelt. Aber hier geht es ja auch nicht um Yoga sondern um Schrift zu stellen. Schriftsteller und -innen stellen und Verleger legen. Manchmal gar aufs Kreuz. Nein, es ist einfach ein hartes Business, die Schriftstellerei und ich bewunder euch ob eurer Sucht nach möglichst vielen gehackten Zeichen und Words. Und wenn sie sich dann noch so schön fügen wie Milenas, dann dient das dem geneigten Leser. Aber ist ja schon fast etwas männlich kompetitiv. Klar braucht es da ab und an Nahrungsergänzungsmittel mit -ol am Ende. Ey cool Girls, go a head!

  4. hostmami meint

    Bitte schreib schnell.Montagsmenschen habe ich in 2 Nächten durchgelesen und das einzige noch nicht gelesene Moser buch ist die Putzfraueninsel.Ich weiss das es hier irgendwo ist und suche verzweifelt. Ich brauche ganz dringend ein neues Milena moserbuch!!!!.Eine sucht die mitBblondinenträume begann

  5. Karin meint

    Na der ist ja knuddelig. Da werde ich mir doch demnächst ein Büchlein gönnen.
    Komisch wie viel Zeit dabei drauf geht, sich zu überlegen wie am effektivsten zu schreiben ist. Als ich Charlotte und Adele anfing, die ersten 2/3 gingen sehr zügig, da habe ich praktisch immer Unterbrechungen gehabt. Sei es eine Tarotberatung, die doofe Wäsche oder mal eben kochen oder zu einer Sitzung, und kam doch so schnell voran. Dann machte ich mir Gedanken wie ich effektiver schreiben könnte und siehe, nix ging mehr. Also 2/3 sind fertig. Das war es. Im letzten Oktober habe ich im literarischen Salon daraus gelesen und nun habe ich Druck daran weiter zu schreiben. Da wollen doch tatsächliche einige wissen, wie es weitergeht.
    Alles Liebe Karin

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