Et moi et moi et moi?

cce000021Erst wollte ich mich ja selber frühpensionieren. Dann beschloss ich, meinen Rücktritt ein Sabbatical zu nennen, eine begrenzte Auszeit. Unterdessen weiss ich: Ich habe mir ganz einfach selber einen Werkbeitrag verliehen. Befreit von allen Verpflichtungen, die nicht direkt am Schreibtisch zu erfüllen sind, kann ich endlich in Ruhe…. schreiben. Genau. Neben dem angefangenen Roman führe ich immer noch ein Tagebuch. Und das fühlt sich ganz ähnlich an wie damals das Schreiben meiner Kolumne. Offenbar habe ich in den acht Jahren, in denen ich jede Woche eine Scheibe meines Lebens abgeschnitten und auf einer Seite serviert habe, eine Gewohnheit entwickelt, die ich nicht ablegen will, einen Rhythmus, der mir entspricht. Auch einen gewissen Pragmatismus den alltäglichen Dramen gegenüber: Ist das eine Geschichte, frage ich mich automatisch, kann ich das erzählen? Wo ist der Humor, der Slapstick? Überall. Stellt sich heraus.

Avec mes manies et mes tics
Dans mon p’tit lit en plume d’oie
J’y pense et puis j’oublie
C’est la vie, c’est la vie

Gut möglich, dass sich daraus eine Art Fortsetzung von „Das Glück sieht immer anders aus“ entwickelt. Ich schreibe also zwei Bücher gleichzeitig. Das ist, verglichen mit früher, immer noch ein geradezu luxuriöses Pensum. Und ich geniesse es, Zeit zu haben. Zeit, um nachzudenken. Zu beobachten. Über mich selber zu lachen. Gleichzeitig fehlt mir natürlich ein gewisser Druck – deshalb meine Teilnahme am National Novel Writing Month. 50’000 Worte in 30 Tagen. Ich habe das schon oft gemacht und selten hingekriegt, trotzdem ist es immer noch die beste Methode, über imaginäre Hürden zu springen, oder viel eher sie niederzumähen im gestreckten Galopp. Nein, ich muss nicht warten, bis ich wieder in Santa Fe bin, um den Zug zu beschreiben, der dort ankommt, den Jungen, der mit seiner Mutter aussteigt und  der …. Luigi heisst? Wirklich? Keine Zeit, um nachzudenken, ich schreibe  weiter, den Namen kann ich später immer noch ändern. Wichtig ist, dass ich dranbleibe. Noch bin ich gnadenlos im Rückstand. Wenn ich in dem Tempo weitermache, so prophezeit mir der Rechner, werde ich das Ziel nicht am 30. November 2015, sondern erst am 12. Mai 2016 erreicht haben. Das wäre auch nicht schlimm, aber da regt sich dann eben mein Wettbewerbstrieb und ich setz mich gleich wieder hin. Wartet nur, ich hole schon wieder auf!

Selbstüberlistung. Sag ich doch.

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7 Kommentare

Kommentare

  1. Eric meint

    Liebe Milena,

    dieses Mal habe ich nicht am NaNoWriMo teilgenommen, war einfach zu viel zu tun mit meiner neuen Finanzzeitschrift. Aber ich verliere mein Projekt nicht aus den Augen – versprochen. Die letzte Generation. Gestern habe ich bei einer Vernissage in einer kleinen Galerie bei mir um die Ecke – ich war auf dem Weg zum Kaiser’s, um leere Flasche abzugeben – den Maler Roy kennengelernt und spontan zu mir nach Hause eingeladen. Er hat mir ins Gewissen geredet, doch gleich heute wieder mit dem Schreiben anzufangen. Und wir haben für mich auch einen gemeinsamen Plan geschmiedet: Ähnlich wie bei den Dogma-Filmen mir ein paar begrenzende Regeln erfinden, um mich daran abzuarbeiten und meine Kreativität zu entwickeln. Ins Leere schreiben fällt mir so schwer. Jeden Tag eine halbe Stunde schreiben ist schon mal ne kreativierende Regel. Letztlich hat das Gespräch auch dazu geführt, dass ich auf Deine Seite gekommen bin – Du meine Kreativiererin. Alles Liebe, Eric

  2. Anna Esposito meint

    Lieber Independent Aussenposten aller Freestyler
    Nach meiner dramatischen Trennung und während des definitiven Abnabelns meines Sohnes und meiner Tochter wollte ich (in nicht chronologischer Reihenfolge) ein Mental-Coach, eine Schamanin, eine Vorleserin, eine Köchin für einen Milliärdär in der Karibik, eine Kokotte, eine Golden Agers Schlummermutter in Indien, ein Guerilla Gardener in Neapel, ein Dog Walker, eine Food Truck Lasagne Mamma in New York und nach ein paar Kursen bei Dir: eine Schriftstellerin werden. Bei letzterem bin ich geblieben und ich bin jetzt auch beim Novemberschreiben dabei, ganz sanft, ein Tausender pro Tag oder so. Ich war mal Hochdruck-Werbetexterin, um das Geld für meinen Familiensitz in Herrliberg zu verdienen und um meine Secondo Ambitionen zu befriedigen. Ich war einmal eine entfesselt Liebende bis zum letzten Unhappy End. Jetzt kann ich alles sein, und ganz gemütlich noch ein paar Schreibkurse geben, um meine Rechnungen zu bezahlen. Danke Dir, Milena, auch Du hast mir zu meiner Unabhängigkeitserklärung verholfen.
    Von Herzen
    Anna

    • Milena Moser meint

      Meine ersten Schreibkurse gab ich in San Francisco. Unter dem Motto „A writer has nine lives.“ Weil eines nicht genügt. Das ist Unabhängigkeit: mehrere Leben leben, gleichzeitig. Das ist Schreiben. Viel Spass im November, Anna! (Ich selber bleibe ja dem Original treu: National Novel Writing Month… ;-)

  3. regenfrau meint

    Liebe Milena,
    schön, wenn die Selbstüberlistung funktioniert! :D
    Ich freu mich zu lesen, dass du deine Zeit schreibend genießt. Das klingt jetzt alles ziemlich entspannt bei dir!

  4. Ruth meint

    Liebe Milena

    Ich vermisse deine Kolumnen in der SF immer noch. Eine Fortsetzung von ‚Das Glück sieht immer anders aus‘ wäre grandios.

    HG Ruth

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