Endlich vereint!

imageWenn auch nur in dieser Schachtel, die einst biologisch einwandfreie Bananen tansportierte: John Irving und ich, Buchrücken an Buchrücken…. Danke Ulli für dieses poetische Happy End!

Ansonsten packe auch ich bald meine Sachen, nicht weil ich umziehe, sondern weil ich nach Leipzig fahre, an die Buchmesse, zum ersten Mal überhaupt. Unter anderem nehme ich an einem Krimi-Salon teil und einer Veranstaltung mit dem Titel „Frauentheater“, der jungen Schweizer Dramatikerinnen gewidmet ist, aber von einem Mann bestritten wird. Ich freue mich darauf, das wird bestimmt spannend und inspirierend. Warum ich keine eigene Lesung habe? Die Frage irritiert mich, weil ich sie mir selber nicht stelle. Davor schützt mich der Zaubertrank, in den ich als Kind gefallen bin. Warum sollte ich eine eigene Lesung haben? Gibt es ein Recht darauf, gibt es in meinem wunderbaren Beruf ein Recht auf irgendetwas? Nein, zum Teufel! Und zum Glück nicht. Das ist ein Geschenk, das ist Freiheit. Ich will keine Karriere haben, ich will arbeiten. Ich will schreiben, nicht geschrieben haben. Ich bin seit 25 Jahren „im Geschäft“, ich habe 17 Bücher im Gepäck und bin, fiktiv wenigstens, mit John Irivng verlobt. Und überhaupt: Mir kann nichts passieren. Das habe ich jetzt schriftlich und ganz offiziell. Ich war nämlich in einer sogenannten Vorsorgeberatung. Man wird nicht jünger etc. Ich war ein wenig beunruhigt, weil ich noch den mitleidigen Blick der Scheidungsrichterin auf mir spüre, die einfühlsam fragte, ob ich denn durchkommen würde. Sie erliess mir das Aufteilen meiner mageren Pensionskasse mit meinem Exmann, ich würde ohnehin kein Jahr davon leben können. „Natürlich komme ich durch“, sagte ich trotzig und ein wenig erschüttert. Ich habe immer das Gefühl, unverschämt viel Geld zu verdienen, mehr als ich mir je vorgestellt habe. Schliesslich ist meine Arbeit die schönste der Welt, ich würde im Notfall auch dafür bezahlen, sie tun zu dürfen. Das sieht mein Steuerberater allerdings nicht so, er runzelte besorgt die Stirn und schickte mich zur erwähnten Beratung. Ich befürchtete das Schlimmste. Doch wider Erwarten fand der nette Herr Berater keineswegs, ich müsse mehr Versicherungen abschliessen, im Gegenteil:  „Ihr Werk wird Sie ja auch ohne Ihr Zutun weiterhin ernähren“, meinte er. „Also, auch wenn Sie arbeitsunfähig sein sollten…“ Nachdem mein Lachkrampf verklungen und der verschüttete Kaffee aufgeputzt war, schaute er sich meine Zahlen an und sagte: „Hm.“ In diesem „Hm“ lag mehr, als ich wissen wollte. Ich schüttelte mich wie ein Hund, der gerade von einer Karawane überholt wurde.

Dann dachte ich an Peter Zeindler, der auch an der Krimilesung teilnehmen wird, und der mich vor 25 Jahren zu meinem allerersten Auftritt in Solothurn gefahren  – und dafür gesorgt hat, dass ich trotzdem eine Wegpauschale bekam. Er hat mich auf eine selbstverständliche und pragmatische Art unterstützt, die ich später nie mehr erlebt habe. Überhaupt ist es mit den Krimiautoren immer sehr lustig und kollegial. Deshalb würde ich nichts lieber tun, als selber einmal einen richtigen Krimi zu schreiben, aber irgendwie krieg ich es nicht hin. Meine Geschichten entwickeln sich immer anders. Ich stecke in der falschen Bananenschachtel. Aber in guter Gesellschaft.

 

Maj Sjöwall och Per Wahlöö.

 

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5 Kommentare

Kommentare

  1. Regula Horlacher meint

    Ich habe in einem meiner letzten Kommentare meine Bewunderung für Daniela Hess‘ Art zu schreiben erwähnt. Selbstverständlich meine ich nicht, dass jetzt alle beginnen sollten, so zu schreiben wie sie. Ich weiss, dass man sich die Art, wie man schreibt nicht auswählen kann.
    Ich hätte ja selbst nie gedacht, dass ich einmal einen Roman wie „Das schwarze Sofa“ schreiben würde. (Abgesehen davon, dass ich noch an meinem 43. Geburtstag vor knapp acht Jahren, nicht einmal einen Gedanken daran gehabt hätte, überhaupt je etwas anderes zu schreiben als Zeitungsartikel für die Kirchenpflege und gelegentliche Briefe – aber das ist hier nicht das Thema.)
    Als junge Frau hatte ich eine Zeitlang ein wenig Erfolg mit Schulaufsätzen. Mein Deutschlehrer im Seminar schätzte meine Art zu schreiben und gab mir gute Noten. Ich las zu dieser Zeit mit Vorliebe Erika Burkart und Klaus Merz. Das klang für den genauen Beobachter, der dieser Lehrer war, wohl etwas durch. Jedenfalls schrieb er, nachdem er es sich eine Weile mitangesehen hatte, folgenden Kommentar unter die wie immer ausgezeichnete Note: „Passen Sie auf, dass Ihr fragmentarischer Stil nicht zur Masche wird.“ Das war hart und bestimmt nicht sehr geschickt formuliert, aber ich wusste, dass er mir gut gesonnen war, darum nahm ich mir seinen Hinweis zu Herzen. Und er stellte beim nächsten Mal die Themen so, dass ich die Möglichkeit bekam, etwas anderes auszuprobieren. Ich nutzte die Chance und war wiederum erfolgreich, was mich mit Stolz und Freude erfüllte. Dennoch sank ich, was das Schreiben betrifft, nachdem ich das Seminar abgeschlossen hatte, ins Mittelalter zurück. Warum das so war, weiss ich nicht genau, vermutlich drängte sich einfach anderes mehr in den Vordergrund. Ich würde behaupten: So ist das Leben. Vielleicht musste ich noch ein paar andere Fertigkeiten erwerben, bevor ich das Schreiben zu meinem Beruf werden lassen konnte. Zum Beispiel, aus wenig viel zu machen.

    Der schweizerische Schriftstellerverband zählt zurzeit rund neunhundert Mitglieder. Es gibt Aufnahmebedingungen. Man muss in einem anerkannten Verlag ein Buch veröffentlicht haben. Selberzahlen gilt nicht.
    Wer sich das bewusst macht, sieht: Es reicht nicht für alle! Es ist schlicht unmöglich, alle diese 900 Schweizer Schriftsteller mit Preisen, Lesungen, Radio- und Fernsehauftritten, regelmässigen gutbezahlten Kolumnen, Werkbeiträgen und Atelier-Aufenthalten zu versehen.
    Sind ja auch nicht alle gut genug, brummen Sie jetzt möglicherweise, schliesslich handelt es sich um Auszeichnungen.
    Ja, natürlich. Auszeichnungen. Wenn ich Milena richtig verstehe, ist es genau das, was sie meint. Niemand hat ein Recht auf eine Auszeichnung, sie wird einem verliehen.
    Das Andere ist die Arbeit an sich.
    Ich glaube, es geht hier um zwei verschiedene Paar Schuhe.
    Einerseits die Karriere, das heisst Ruhm und Ehre, sowie Geld, das einem im Überfluss in die Taschen fliesst.
    Das andere ist das Geld, das man benötigt um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Manche brauchen mehr davon, um sich über Wasser zu halten, manche weniger. Ich brauche weniger. Wenig Geld zu brauchen, ist eine Begabung, die man hat oder nicht. Ich habe sie und bin dankbar dafür. Aber jede Begabung verkümmert, wenn man sie nicht braucht. Ich habe sie gebraucht. Der angenehme Nebeneffekt der Begabung, wenig Geld zu brauchen, ist der, dass das nicht gebrauchte Geld noch da ist. Darum kann ich mir im Moment die Freiheit nehmen (Wenn etwas Freiheit ist, dann das!), ungestört meiner liebsten Arbeit nachzugehen, auch wenn ich, wie Milena es nennt, mich selber dafür bezahlen muss.

    Selbstverständlich möchte ich auch am Auszeichnungs-Kuchen teilhaben, wie jeder. Alles andere wäre gelogen. Und hin und wieder denke auch ich, diese oder jener oder ich selbst, hätte die Auszeichnung mehr verdient, als die oder der Ausgezeichnete. Klar. Dennoch: Das Privileg, das ich jetzt in diesem Augenblick habe, nämlich ohne jegliche Verpflichtung am Schreibtisch zu arbeiten, ganz allein als mein eigener Herr und Meister, werde ich wohl kaum je wieder haben. Ob ich nun als Schriftstellerin zu Erfolg und Geld komme, oder ob ich mir Ende nächsten Jahres wieder eine Stelle in einem Altersheim suchen muss: Immer werde ich mich in Strukturen fügen und Pflichten übernehmen müssen.

    Und noch etwas: Geht es nicht möglicherweise fast ebensosehr darum, wie Eine/r mit so einer Auszeichnung umgeht und was sie/er daraus macht, wie um das, wofür sie/er sie bekommen hat?
    In diesem Sinn wünsche ich mir, dass die ausgewählten Schweizer Literaturschaffenden uns andere in Leipzig nach bestem Wissen und Gewissen vertreten :-)

    • Milena Moser meint

      @ Regula: Ich werde es versuchen! Und danke für die Bemerkung deines Deutschlehrers, sie gibt mir das Thema für den nächsten Beitrag – oder den übernächsten, ich werde ja bestimmt aus Leipzig berichten!

    • Regula Horlacher meint

      Das ist lieb von dir, danke.
      Ich habe ihm im Schwarzen Sofa ein Denkmal gesetzt und ihm als verspäteten Dank Andrea, die liebste meiner Lieblingsschülerinnen, zur Tochter gegeben. In Wirklichkeit hatte er, glaube ich, Zwillinge. Leider hatte ich nie die Gelegenheit, sie kennenzulernen.

  2. Hans Alfred Löffler meint

    eigentlich sollte man/frau nur den unterstrichenen Zaubertrank anklicken, oder, wenn, sich gleich ein wenig davon nehmen. Und dann sich genüsslich zurück lehnen im Sitz in dem wir uns am behaglichsten fühlen.

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